Vom 15. – 17. November 2024 ging es für einige Mitglieder von JEF Steiermark nach Tschechien, um dort gemeinsam mit JEF Czech Republic (Mladi Evropané CZ) und JEFers aus unterschiedlichsten Ländern in die Geschichte des Landes und die aktuellen lokalen demokratiepolitischen Herausforderungen einzutauchen.
Endbahnhof: Benešov
Als wir für acht Stunden unser Leben wortwörtlich in vollen Zügen genießen konnten, trafen wir am Bahnhof Prag auf die Organisatoren Armin, Robin und Andreas. Nachdem auch die Teilnehmer:innen aus Polen und Deutschland angekommen waren, ging es nach Benešov, wo wir unsere Zimmer in einem Hotel bezogen, das anscheinend rund um eine Eishockeyhalle gebaut war. JEF-Treffen brauchen eben ihre Kuriositäten. 😊
Das Wochenende stand unter dem Motto “The struggle for freedom and democracy”, nach dem gleichnamigen tschechischen Feiertag am 17. November. So starteten wir gleich in den ersten Abendworkshop, bei dem wir Bilder und Momentaufnahmen von bedeutenden demokratiepolitischen Ereignissen diskutierten und viele neue Fakten erfuhren: Beispielsweise dass die Straßen von Paris als eine der wenigen europäischen Städte fast keine gepflasterte Straßen hat, weil Protestanten der 68er-Bewegung die Pflastersteine auf die bewaffneten staatlichen Sicherheitskräfte warfen und dass der Spruch „unter dem Pflaster liegt der Strand“ (Sous les pavés, la plage) hierauf zurückzuführen ist.
Vom Weltföderalismus über Franz Ferdinand zu „Kolja“
Am nächsten Tag war Alyn Ware zu Gast, ein mit dem Right Livelyhood Award ausgezeichneter Pazifist, Demokratieaktivist und Weltföderalist aus Neuseeland. Er gab uns Einblicke in die Prozesse verschiedener Institutionen wie dem Internationalen Gerichtshof und Wechselwirkungen von internationaler Zusammenarbeit. Nachdem wir unsere (vielen) Fragen gestellt hatten ging es am Nachmittag mit dem Bus weiter zum Château Konopiště, eine Schlossanlage die früher einmal die Wohnstätte von Erzherzog Franz Ferdinand war, dessen Ermordung letztendlich zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges führte. So geschichtsträchtig das Schloss war, so morbide war es auch in der gesamten Anlage über 100.000 Jagdtrophäen zu finden, die der jagdbegeisterte Habsburger im Laufe der Zeit anhäufte.
Abends kehrten wir nochmals in unser Workshopzentrum, das Kunstmuseum Benesov, zurück und sahen uns gemeinsam den Film “Kolja” an. Der oscarprämierte Film spielt in der Zeit kurz vor der tschechischen Unabhängigkeit und erzählt die Geschichte eines Musikers, der aus Geldnot eine bezahlte Scheinehe mit einer Russin eingeht, damit diese einen tschechoslowakischen Pass erhält. Nachdem seine frischvermählte Frau nicht von einer Dienstreise aus Westdeutschland nach Prag zurückkehrt und ihren fünfjährigen Sohn Kolja zurücklässt, gerät der Protagonist schließlich in den Blick des Staates. Der Film löste dann noch eine gute Diskussion aus, in der auch die Geschichte der Filmindustrie in Europa aufgerollte wurde, als die besten Filmstudius in Prag und Berlin stationiert waren und die Amerikaner erst in der Nachkriegszeit die Vormacht im Filmbusiness übernahmen. Auch die Bildung von politischen Idealen über Kino war Thema.
“The struggle for freedom and democracy”
Nach einer viel zu kurzen Nacht ging es Sonntagfrüh zurück nach Prag, wo wir am tschechischen Feiertag (“The struggle for freedom and democracy Day“) in Demonstrationen eintauchten und von Robin und Armin zu den historisch relevantesten Plätzen und Denkmälern der Stadt geführt wurden. Nach einem Ausklang bei Kaffee und Kuchen traten wir dann auch schon die Heimreise an und verließen Prag mit vielen neuen Bekanntschaften, Erkenntnissen und Ideen für eine verstärkte mitteleuropäische Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen JEF-Sektionen
Die Teilnahme an dieser Fortbildung wurde vom Land Steiermark unterstützt.